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82) 3. Juni: Trailmagic am Walker Pass

3. Juni, Tag 66, km 1.049

Distanz zu Kennedy Meadows, dem Tor zur Sierra: 81 km

 

Heute sind wir um 8 Uhr weggekommen, wollten Walker Pass (20 km) nicht zu spät erreichen um uns einige Optionen offen zu halten. Als wir noch beim Frühstück waren, rauschte Filipe um 6 Uhr an uns vorbei, er hatte uns am Vorabend erzählt, er wolke diesmal wieder früher los.  Der ganze Weg führte hinab, von 1.831 auf 1.608 Meter. Dementsprechend kamen wir gut voran, trotz der Hitze. Gegen Halbzeit gab's Mittagessen, Nudeln mit Salamistückchen und Tunfisch. Super lecker! Als wir fertig waren, tauchten die Bonner Flo und Katharina auf, die wir am Vortag beim Bird Spring Watercache das erste Mal interviewt hatten, und beneideten uns um unseren ebenen Sitzplatz, Captain Jack war zuvor durchgekommen. Haben erfahren, dass in Walker Pass Trailmagic auf uns warten würde und "Second Chance" gegen drei Uhr erwartet wurde.

 

Link: https://m.youtube.com/channel/UC4DLytGAdFb-9ArE02HUHeQ

 

Second Chance ist der PCT-Star 2019, ein 200 kg-Koloss, der sein Leben wieder in die eigene Hand genommen hat und seit Ende Januar den PCT läuft. Dabei hat er bislang 50 kg abgenommen hat. Klar, dass wir die Gelegenheit für ein Interview nutzen wollten. So flogen wir geradezu den Berg runter und erreichten Walker Pass nach 75 Minuten (7,2 km).

 

Und es gab tatsächlich ein Trailmagic! Die Firma Zero Goal Power und Solar, hatte mehrere Zelte aufgebaut und bot den Hikern Würste vom Grill, Gemüse und Obst, Bier, Soda und Eis ab. Ein wahres Hikerfest! Viele Bekannte trafen wir hier wieder: Seashells und Lawrence of Cascadia, Jukebox und Oilking, Rabit Rabit und Mockingjay. Auch Captain Jack war schon da. Alle wollten eigentlich weiterziehen, blieben aber weil's so schön war und es so viel zu erzählen gab. Das alles in wunderschöner Landschaft. Thema Nummer 1 war natürlich, wie es weitergeht. Nach dem Walker Pass kommt Kennedy Meadows und damit die Sierra. Es kursierten ein halbes Dutzend Optionen, wie diese aufgrund der winterlichen Schneelage zu durchqueren oder zu skippen/flippen sei. Immerhin zählt die Sierra über 400 Meilen und der Weg hindurch bei 80% Schnee heißt: dickere Kleidung, jede Menge Food und sonstige Utensilien (Iceaxt, Microspikes, Crampons, Bearcanister) mitnehmen. Jeden Tag um 3 Uhr morgens aufstehen, den Pass hoch um vor der Mittagssonne wieder unten zu sein - um Postholing zu vermeiden. Und jeden Tag alles nass, Kleidung, Zelt ... Darauf muss man Lust haben. Selbst ein Niederländer, der beim Militär ist und jede Menge Schneeerfahrung aus der Artktis mitbringt, verzichtet und skippt!

 

Für uns macht die Sierra vor allem im Moment keinen Sinn, da wir durch die winterlichen Umstände, selbst wenn wir es wollten, viel zu langsam vorankommen würden (man macht hier maximal 10 Meilen am Tag) und das Ziel Kanada nicht erreichen würden. Wir haben uns daher für folgende Option entschieden:

 

Wir gehen am Walker Pass aus dem Trail raus, reisen mit dem Bus nach Ashland, das an der Grenze zwischen Kalifornien und Oregon liegt. Damit Skippen wir die Sierra (750 km) und Nordkalifornien (900 km). Von Ashland aus laufen wir dann weiterhin northbound durch Oregon (675 km) und Washington (750 km) bis nach Kanada. Problem in Washington sind normalerweise die Kaskaden, die wegen des Schnees erst ab Anfang Juli durchquert werden können. Glücklicherweise ist hier die Situation wesentlich besser als in der Sierra, sodass wir wohl bei guten Bedingungen Anfang Juli durchkommen werden. In Oregon wiederum kann es ab Anfang Juli zu heftigen Waldbränden kommen, weshalb letztes Jahr zeitweise ein Teil vom Trail gesperrt war. Wir sind nun aber im langsam wärmer werdenden Juni dran. Sounds all good. Von Kanada aus springen wir wieder zurück zum Walker Pass, um dann in der besten Jahreszeit die Sierra nachzuholen. Und sollten wir am Ende spät dran sein, so bleiben uns für das "leichtere" Nordkalifornien sogar im Oktober noch einige Wochen. Soweit der Plan ...

 

Irgendwann tauchte dann auch Second Chance auf und wir konnten mit ihm ein tolles und bewegendes Interview führen. Er wird ab Walker Pass u.a. zusammen mit Vanessa, Little Bee, laufen.

Eine der letzten Taten war Rucksackwiegen, Ollis 21 kg, ohne Essen, war ja fast alles während der letzten Etappe weggefuttert worden, und ohne Wasser, Sabine: 17 kg, ebenfalls ohne Essen und Wasser - die Waage war allerdings nicht so genau. Dann noch bei Hobo Joe Sabines T-Shirt mit der Schablone "Trail-Monster" besprüht und Witze über Sabines Kommunikationslust und dass Mountain Lions deshalb freiwillig Abstand halten würden gemacht.

Nach einem tollen Nachmittag und Abend am Walker Pass fiel der Abschied sehr schwer. Mit Seashells, Lawrence, Little Bee und Jukebox noch Interwiews gemacht, zwischen zwei Bratwürsten und sechs und fünf Bier (wie viel hatte Sabine, wie viel Olli?) fuhr uns Meagan, sie arbeitet bei der Navy, und hing ein wenig - der energy halber - am Walker Pass ab, mit dem Auto in das ca. eine halbe Stunde entfernte Ridgecrest, wo wir noch während der Fahrt ein Zimmer im "Super 8" reservierten und uns damit gegen das doppelt so teuer Clarion Inn entschieden, das uns Mike empfohlen hatte. Dort gab's keinen laundry-Service. Meagan hatte das zielorientiert während der Fahrt "outgefiguered". Im Super 8 dann schnell die laundry organisiert (6 Dollar), was im Carl's Jr. gegessen und völlig ko eingeschlafen.