19.-30. September, Tag 173-184
PCT-km: 1636,6, gelaufen: 3142 km
Sind am 27. September in Kennedy Meadows North angekommen und haben damit die Sierra bis auf 125 km geschafft. Die Pässe rauf und runter war sehr anstrengend.
Einen kurzen Zwischenstopp hatten wir in Tuolumne Meadows, ein großer, staatlicher Campingplatz mit Store und Grill. Haben dort übernachtet (mit Picnictable am Zelt!), gut gegessen, günstig Resupplied (alles 25% runtergesetzt, da der ganze Platz in zwei Wochen in seinen Winterschlaf verfällt) und sind gleich am nächsten Tag weitergegangen. Am Abend zuvor noch zum wunderbar stimmungsvollen Programm: Mystery of the Woods, Stories and Poems. Eine Veranstaltung im Dana Campfire Circle auf dem Campground mit im Kreis angeordneten Holzbänken um ein großes Feuer. Ranger Brian sprach vom Respekt der Natur gegenüber, wie er Ranger wurde und trug Gedichte von ihm, Walt Whitman und bedeutenden Leuten der Region vor.
Unterwegs noch die 3000-Kilometer-Marke überquert.
Das Wetter in der Sierra ist bislang unglaublich. Blauer Himmel, am Tage warm und nun in den etwas niedrigeren Regionen (bis 3200 m) sogar in der Nacht von den Temperaturen erträglich, sodass wir die letzten drei Nächte wieder Cowboycamping machen konnten. Man muss halt den Boden mit mehreren Bewohnern teilen ;-)
Die An- und Abstiege sind allerdings nicht weniger anstrengend geworden. Jeder Kilometer ist hier wirklich hart erkämpft - obwohl wir die extrem langen Passagen hinter uns haben. Es geht weiterhin steil hoch und beim Runtergehen kann man sich dann leider nicht ausruhen, da es wieder steil runter geht, nun aber noch langsamer und mühsamer, da der Weg oft einem Steinhaufen gleicht.
Die Natur ist nach wie vor beeindruckend, in den Tälern läuft man durch endlose gelb-grüne Meadows, oben zeigt sich die Bergwelt weiterhin grau, es gibt aber immer wieder unterschiedliche, neue Gesteinsformationen. Kurz vor dem John Muir Pass haben wir den ersten Koyoten gesehen, der ein Stückchen auf dem PCT flanierte, vielleicht auf der Suche nach verlorenem Hikerfood ;-) Wenn die Dunkelheit eintritt, kommen die recht großen Spinnen aus ihren Schlupflöchern und ruhen sich auf den noch warmen Steinen auf dem Trail aus oder beschäftigen sich beim Paaren. Zum Glück bleiben die Taranteln der Sierra bis Mitte Oktober unter der Erde!
Hier im Kennedy Meadows North Resort konnten wir einige heißersehnte Pakete in Empfang nehmen: neue Schuhe für uns beide, von Oboz (Tipp von der jungen Ashley seinerzeit am Crater Lake) und neue Metallspitzen für Sabines Trekkingstöcke. Aber das Highlight war das Päckchen von unseren Freunden Carlos und Tanja aus unserer Heimatstadt Marbach, das hier auf uns wartete. Eigentlich hätten wir das schon vor Monaten bekommen sollen, doch Olli hatte Carlos bereits vor unserer Abreise die falsche Kennedy Meadows-Addresse genannt, da
er zu der Zeit noch nicht wusste, dass es in der Sierra zwei Kennedy Meadows gibt (South and North). Und da wir die Sierra geflippt hatten, sind wir nun 4 Monate später hier. Dafür hat die Zustellung geklappt, obwohl zu der Zeit das Resort und die Straße zum Pass im April noch gesperrt waren! Über den Inhalt des Päckchens haben wir uns auch riesig gefreut, lauter Sachen zum Essen! Und ein lieber Brief. Wahre Freunde!!!
Da fürs Wochenende ein Schneesturm vorhergesagt wurde, blieben wir hier im Resort zwei Nächte länger und brechen heute am Montag, den 30. September, gleich auf nach Echo Lake/South Lake Tahou, das das Ende der Sierra bedeutet. Dann warten auf uns die letzten 1000 km durch Nord Kalifornien, die Sabine hoffentlich vollenden kann. Olli muss Ende Oktober zurück nach Deutschland. Je nachdem wie schnell wir laufen können, Resupply oder Unterbrechungen wetterhalber dauern, finishen wir auch vielleicht noch gemeinsam. Träumen darf man ja! Sonst folgt der Rest für Olli dann im nächsten Jahr.
Auf dem Weg nach Norden kamen uns einige altbekannte Hiker entgegen, die alle dem Ende des PCT nahe sind und sehr froh, fertig zu werden, da Körper und Füße müde seien: Scratch und Gourmet, das Paar aus Kanada, wieder Moneymaker (unglaublich, er hat nur noch um die 300 Meilen zu laufen), läuft gerade mit Pineapples (hatten wir vor langer Zeit in Hikertown getroffen), David und Tochter Kaia Fink (Bloodymary), die am Mount Thielsen gerettet werden mussten, Dragon (der Japaner den wir in Shelter Cove, Oregon, kennengelernt hatten und der mit Angel! unterwegs ist).
Patience aus Estland trafen wir nach dem Benson Pass auch wieder (hatten sie mit Eagle beim Trailmagic am Trailhead in Winthrop kennen gelernt). Sie berichtete: Ihre offizielle B2-Visum-Verlängerung liefe noch. Sie musste in Seattle erneut ihre Fingerabdrücke abgeben, wurde nix gefragt und hat bei Antragstellung ca. 450 Dollar bezahlt. Es würde sie nicht wundern, wenn die Genehmigung oder Ablehnung käme, wenn sie schon längst mit dem PCT fertig sei 😁.
Mit allen hatten wir bei jedem Zusammentreffen immer wieder Interviews gemacht. So auch jetzt. Egal, wie heiß oder kalt oder windig es war. So waren unsere Tagesmeilen einmal mehr wenig planbar ...
Aber wir hatten auch ein "schönes Verpassen" von alten Bekannten:
Bei der letzten Weggabelung vor Tuolumne hatte Olli Sabine ein Zeichen hinterlassen: In seinem auf den Boden gekritzelten Herz lag ein mit Steinen beschwerter Brief von Anais und Quentin, denen wir in Stehekin, Washington, begegnet waren und Wein geschenkt hatten. Sie waren an Olli vorbei gelaufen und hatten ihn erst im Nachhinein erkannt und hatten das Zeichen so interpretiert, dass Sabine noch vorbei kommen musste. Sie kam, obwohl wir beide an dem Nachmittag 20 km in einmal 3 und einmal 4 Stunden liefen, tatsächlich noch an der Gabelung vorbei und fand Ollis Zeichen und mitten drin den Brief von den beiden 😊.